Christlich Essenische Kirche

Seite der ersten interreligioesen Kirche der Welt, welche alle Religionen einlädt teilzuhaben an ihren Gottesdiensten um Verständnis, Toleranz und Akzeptanz gegen Andersgläubige auszuüben.

12.18.2006

Ehe und Scheidung

Ehe und Scheidung

"Ich verspreche mir dich zu lieben und zu achten, dir zuzuhören, deine Meinung zu akzeptieren und meine eigenen Wünsche und Gefühle zu äußern, .. so lange sich unsere Seelen miteinander verabredet haben".

So könnte Ihr Trauspruch lauten, wenn Sie sich von einer Priesterin oder einem Priester der Christlich Essenischen Kirche trauen lassen.

Was ist der Hintergrund dieses Trauspruches?

Menschen sind Seelen, die in einen fleischlichen Körper hineingeboren werden. Jeder Mensch hat sich für dieses Leben seinen eigenen Lernplan zusammengestellt um seine ganz persönlichen Erfahrungen zu sammeln. Erfahrungen können wir jedoch nur in Zusammenarbeit mit anderen Seelen sammeln. Dazu gehört zum Beispiel die Verabredung wer meine Eltern, Freunde, Ehepartner, Kinder, sind.

Diese Verabredungen werden auf Zeit getroffen. Wenn die gemeinsam geplante Zeit vorbei ist dürfen wir uns wieder trennen. Das gilt für alle Verabredungen, auch für Eheversprechen. Dieser Trauspruch spiegelt das wieder, was wir uns als Seele vorgenommen haben. Ist die gemeinsam geplante Zeit vorbei, dann dürfen wir dieses Versprechen wieder zurück nehmen.

Zu heiraten ist in unserer Gesellschaft etwas total selbstverständliches. Was aber geschieht, wenn wir uns "trauen"? Wir schließen zwei Verträge auf Lebenszeit ab, einen staatlichen und einen kirchlichen.

In unserem Leben schließen wir ständig Verträge ab, sei es bei einer Kontoeröffnung oder einer Kreditbewilligung, wir schließen Arbeitsverträge, Mietverträge, Handy-Verträge, KFZ-Versicherungen, Alle diese Verträgen haben eines gemeinsam: sie werden auf Zeit geschlossen und sind unter Einhaltung einer Kündigungsfrist kündbar. Eine kurze Willenserklärung unsererseits und wir sind aus dem Vertrag entlassen. Obwohl diese Verträge jederzeit kündbar sind, gibt es kaum Vorgänge in unserem Leben, die vorher so gut durchdacht, geprüft, verglichen und kontrolliert werden.

Wie sieht es jetzt aber mit der Ehe aus?

Sehen wir uns den 1. Vertrag an, den staatlichen, die Standesamtsurkunde. Ein schönes Stück Papier, auf dem so gut wie nichts über die Bedingungen der Eheschließung stehen. Wir unterschreiben quasi "blind", wohl wissend, dass wir, selbst wenn wir diesen Vertrag "kündigen", bis an unser Lebensende durch materielle Verpflichtungen gebunden sein können. Was wir bei anderen Verträgen bis ins Detail regeln, wird hier nach dem Motto "es wird schon gut gehen", oder "wenn ich dich liebe, dann kann ich doch keinen Vertrag mit dir abschließen" völlig ignoriert.

In unserer christlichen Kultur ist es üblich einen 2. Vertrag abzuschließen, abgesegnet durch einen Priester, diesmal aber "lebenslänglich", "bis dass der Tod uns scheidet". Auch hier gibt es entsprechende Auflagen: lieben, ehren, achten, .

Wir alle wissen, dass das Leben Veränderung bedeutet. Unser Ziel ist es uns weiter zu entwickeln. Im materiellen Leben haben wir das deutlich vor Augen. Wir wollen uns beruflich verbessern, materielle Werte schaffen, Kinder zeugen, Da bleibt es natürlich nicht aus, dass wir uns im Laufe unseres Lebens verändern. Um beruflich aufzusteigen wechseln wir die Firma. Wenn eine Wohnung zu klein geworden ist suchen wir uns eine größere; ein altes Auto wird durch ein neues ersetzt.

Trennungen scheinen also etwas völlig normales in unserem Leben zu sein und sie scheinen auch mit unserer Weiterentwicklung zu tun zu haben. Trennung bedeutet, dass unsere Seele die Zeit, die zum Lernen nötig war genutzt und abgeschlossen hat. Wir dürfen uns trennen.

Was aber, wenn zwei Menschen, die sich ein lebenslanges Versprechen gegeben haben, nicht mehr zusammen passen? Bei einer Ehescheidung sieht plötzlich alles anders aus. Es wird gestritten, gelogen, Kinder werden als Machtmittel missbraucht.

Noch immer steckt in vielen Köpfen die Vorstellung, dass Scheidung gleich bedeutend mit Versagen ist. Wir nehmen die Entscheidung der Trennung als persönliche Wertung: ich war nicht gut genug, nicht liebenswert, was habe ich falsch gemacht. Wir fühlen uns ent - täuscht. Wenn wir uns ent - täuscht fühlen, müssen wir uns vorher zwangsläufig ge - täuscht haben. Aber haben wir das wirklich, oder ist es der Druck der Gesellschaft, die nicht akzeptieren will, dass alle Verträge nur eine gewisse Laufzeit haben, dem wir uns aussetzen? Natürlich gibt es auch gute Ehen, die "bis dass der Tod uns scheidet" glücklich sind. Aber das gilt nicht zwangsläufig für jeden Menschen.

Wie teilweise unmöglich es ist diese Verträge einzuhalten erleben wir jeden Tag. Die Zahl der geschiedenen Ehen spricht für sich.

Um wie viel versöhnlicher ist es, wenn wir akzeptieren, dass alles seine Zeit hat und aufhören darf, wenn die gemeinsame Zeit vorbei ist. Wie gut wir uns auf diese Verträge vorbereiten und was unsere Entscheidungen dabei beeinflusst ist so unterschiedlich wie jeder einzelne Mensch.

Jedes gegebene Versprechen hat seine energetische Auswirkung. Mit dem uns gegebenen Versprechen sind wir fair gegenüber unserem Partner und frei von der Wirkung, wenn wir es nicht einhalten können. Um wie viel schöner ist es dann, wenn wir das uns gegebene Versprechen tatsächlich ein Leben lang halten können. Dann ist es auch möglich die gemeinsame Zeit als Zeit der Erfahrung und des Lernens mit toleranten Augen und Dankbarkeit zu sehen und mit Freude die Verabredungen einzuhalten, die wir für die Zeit danach eingeplant haben.

Landeserzbischof Ursula Vogt, Köln